1. August 2021
Immanuel Kant
„Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?“
Zum kostenlosen Nachhören bis Sonntag, 8.August:
https://oe1.orf.at/player/20210801/645931
Selbst denken:
Selbst denken heißt, den obersten Probierstein der Wahrheit in sich selbst, das ist, in seiner eigenen Vernunft suchen. Und die Maxime,
jederzeit selbst zu denken, ist die Aufklärung. Für die Klasse der Denker können folgende Maximen zu unwandelbaren Geboten gemacht werden. Erstens: Selbst denken. Zweitens: Sich in der Mitteilung
mit Menschen in die Stelle jedes anderen zu denken. Drittens: Jederzeit mit sich selbst einstimmig zu denken. Ich kann einen anderen niemals überzeugen, als durch seine eigenen Gedanken. Ich muss
also voraussetzen, der andere habe einen guten und richtigen Verstand, sonst ist es vergeblich zu hoffen, er werde durch meine Gründe gewonnen werden können. Ebenso kann ich niemanden moralisch
rühren, als durch seine eigenen Empfindungen. Ich muss also voraussetzen, der andere habe eine gewisse Güte des Herzens, sonst wird er bei meiner Schilderung des Lasters niemals Abscheu, und bei
meiner Anpreisung der Tugend niemals eine Triebfeder dazu in sich fühlen. Ich kann niemanden besser machen als durch den Rest des Guten, das in ihm ist. Ich kann niemanden klüger machen, als
durch den Rest der Klugheit, die in ihm ist.
Aufklärung:
Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes
ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich
seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.
Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem sie die Natur längst von fremder Leitung frei
gesprochen, dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es Anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für
mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurteilt, u.s.w., so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen.
Ausgang aus der Unmündigkeit:
Es ist für jeden einzelnen Menschen schwer, sich aus der beinah zur Natur gewordenen Unmündigkeit herauszuarbeiten. Er hat sie sogar
liebgewonnen und ist vorderhand wirklich unfähig, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, weil man ihm niemals den Versuch davon machen ließ. Satzungen und Formeln, diese mechanischen
Werkzeuge eines vernünftigen Gebrauchs oder vielmehr Missbrauchs seiner Naturgaben sind die Fußschellen einer immerwährenden Unmündigkeit. Wer sie auch abwürfe, würde dennoch auch über den
schmalsten Graben einen nur unsicheren Sprung tun, weil er zu dergleich freier Bewegung nicht gewöhnt ist. Daher gibt es nur wenige, denen es gelungen ist, durch eigene Bearbeitung ihres Geistes
sich aus der Unmündigkeit herauszuwickeln, und dennoch einen sicheren Gang zu tun.
Gerade das aktuelle Zeitgeschehen mit seinem Ausdruck einer steten Untergrabung der menschlichen Grundrechte kann jeden, der dieses etwas genauer beobachtet,
aufrütteln und anregen, sich eine eigene Meinung zu bilden. Vorgefertigte Meinungen aus verschiedensten Quellen überhäufen uns ja mehr als genug. Wenn Immanuel Kant nun spricht von
„Unmündigkeit“, sollte dies nicht als persönliche Abwertung gewertet werden, sondern anregen, über Symptome in der heutigen Situation nachzusinnen: Wo bestehen bei mir selbst ungewollte
Abhängigkeiten? Belastende Bindungen? Werden mir viele Dinge sozusagen eingeflüstert, suggeriert? Werden Botschaften vermittelt, um vom Versagen hoher Persönlichkeiten oder deren Eingriffe in die
bürgerliche Freiheit abzulenken? Viele solcher Fragen tun sich auf in Krisenzeiten und jeder einzelne Mensch ist gefordert, für sich und seine Mitmenschen Antworten zu suchen und eine lebenswerte
Zukunft zu denken.
2. Mai 2021
Antoine de Saint-Exupery
„Um klar zu sehen, genügt oft ein Wechsel der Blickrichtung“
Quelle: Kalenderspruch
Seit die Kommunikation vieler in der Öffentlichkeit stehenden Personen, inklusive der ihnen nahestehenden Medien, Formen angenommen hat, welche eigentlich nur mehr
verwirren, wird sich der eine oder andere überlegen, wie bringe ich das für mich in eine gewisse Ordnung. Wie der Spruch des französischen Literaten anregen will zu einem ganz neuen Blickwinkel,
wird eine Sache auf einmal vielleicht ganz anders aussehen. Verlässt sich der Mensch heutzutage nur auf ein einziges Medium, eine einzige Informationsquelle, werden ihm möglicherweise wichtige
Feinheiten vorenthalten oder es wird überhaupt eine Tatsache kräftig „verbogen“. Ein Wechsel, ein gezielteres Suchen nach Informationen kann nicht schaden, belebt sogar den Geist und kann zu
überraschenden Erkenntnissen führen.
11. April 2021
Mahatma Gandhi
„Die Nichtzusammenarbeit mit dem Schlechten gehört ebenso zu unseren Pflichten wie die Zusammenarbeit mit dem
Guten.“
„Meine Nichtzusammenarbeit bezieht sich auf Systeme und Einrichtungen, nie auf
Menschen.“
Quelle: Arun Gandhi, Sanftmut kann die Welt erschüttern. Inspirierende Weisheiten von Mahatma Gandhi
Solches klingt fürs Erste etwas eigenartig, aber einfache hohle Phrasen braucht man vom großen Freiheitskämpfer Gandhi auch nicht erwarten. In seinen Weisheiten
steht stets der Mensch als solcher im Mittelpunkt. In der aktuellen Zeitentwicklung präsentieren sich immer mehr solcher „Systeme“, gleich ob diese einem Wirtschaftslobbyismus entspringen oder
purem Machtstreben, welches den einfachen Menschen total unterordnen und kontrollieren will. Eine Möglichkeit einer Nichtzusammenarbeit kann es sein, wenn der Einzelne den Machenschaften eines
Systems keine Aufmerksamkeit schenkt. Zwar diese wahrnehmen und beobachten, aber eben vorüberziehen lassen, denn ständige Aufmerksamkeit auf solches gibt einem „System“ auch Kraftzufluss, und der
sollte besser unterbunden werden. Die österreichische Szene ist derzeit ja mit einem „System“ konfrontiert, innerhalb dessen sich hochgestellte Personen mit massiven Korruptionsvorwürfen
belastet sehen und deshalb mit allen Mitteln wild herum rudern und damit die demokratische Ordnung teilweise aushebeln, was in Folge das Gemeinwohl und soziale Leben enorm schädigt.
Deshalb wäre es zielführender, eine Zusammenarbeit auf neue, innovative Formen in allen Bereichen des Lebens zu orientieren, für ein künftiges gutes
Miteinander.
4. April 2021 - - - Gedanken zum Ostersonntag
Rudolf Steiner
„Aber wir kommen aus der Misere nicht heraus, wenn nicht über die Feindschaft, welche die neuere Menschheit gegenüber der Wahrheit einhält, ein richtiges Gefühl entsteht, wenn nicht die Dinge, die schon einmal im Leben eine so große Bedeutung haben, auch wirklich durchschaut werden.“
Quelle: Auszug aus Vortrag im Jahr 1920 von Rudolf Steiner, GA198
In der aktuellen, inzwischen zur ausgewachsen gewordenen Krise wird sich wohl bereits eine sehr große Zahl von Menschen mit der Frage nach
Perspektiven für die nächste Zeit auseinandersetzen. Ist doch merklich die Mehrzahl von enormen Auswirkungen betroffen.
Es stellen sich nun die Fragen: soll ein Zustand wie vorher angestrebt werden, ein relativ komfortables, konsumorientiertes Leben? Oder ist man
bereit, Altes, Unbrauchbares zurückzulassen und in allen Bereichen neue Ideen reifen zu lassen, damit künftig ein echtes soziales Miteinander gelebt werden kann?
Leider muss gegenwärtig der Umstand festgestellt werden, dass vielerorts von Personen, welche Verantwortung tragen sollten ebenso wie von vielen
Medien viel Unbrauchbares verbreitet wird, gekennzeichnet von Verdrehungen, Halb- und Unwahrheiten, Suggestion usw., welche die Menschen irritieren, vielfach auch manipulieren. Solche Formen von
Aussage wie auch textueller Verbreitung ist praktisch nur von materiell eingestellter Sichtweise dominiert, wie diverse Zahlenspiele um Krankheitsdaten typisch darstellen.
Wie an der eingangs angeführte Stelle aus einem Oster-Vortrag im Jahr 1920, in Zeiten größter Not, dringlich angemahnt, wird jedoch anstelle purer
materieller Orientierung eine ganz andere, gegensätzliche notwendig sein: die Bereitschaft, zu grundlegender Erkenntnis des Geschehens im Leben, wie auch der Natur, deren Teil wir Menschen eben
sind.
Sorgfältige, ausdauernde Auseinandersetzung führt Schritt für Schritt zu Erkenntnis von Wahrheit.
Dazu ist die enorme Hürde, welche den Menschen an die materielle Seite „fesselt“, zu überwinden und erfordert zuallererst ein Anerkennen einer
höheren Instanz, also eines geistigen Lebens, durch welches erst alles irdische Leben und Treiben möglich wird. Ein geistiger Teil wird ja auch dem Menschen selbst zugeordnet, wenn von einer
Dreiheit Geist-Seele-Körper gesprochen wird. Eine solche Orientierung zu einem Geistigen, zu Spiritualität sollte idealerweise frei sein von allen konfessionellen, institutionellen, sonstig
bindenden Zwängen sein. Ebenso von vorformulierten Glaubenssätzen und gebräuchlichen wie auch angewöhnten Ritualen, um frei von Einflüssen sich einer Erkenntnisarbeit widmen zu
können.
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12. März 2021
Johann Wolfgang von Goethe
… mich bringt nichts von meinem alten erprobten Wege, die Probleme sachte sachte, wie Zwiebelhäute zu enthüllen und Respekt zu behalten für alle nahrhaft still-lebendigen Knospen.
Quelle: J.W.Goethe, Literatur für Augenblicke, Insel-Verlag, Spruchwort Nr. 160
Tiefgründig spricht der bedeutende Dichter etwas an, das sich in langjährigen Lebenserfahrungen herauskristallisiert hat: die Art, in geduldiger, bedachtsamer Weise mit Schwierigkeiten im Leben umzugehen. Was läge näher, als solches auf die heutige Zeit umzulegen?
An Problemen mangelt es nicht, praktisch jedem Menschen sind welche vor die Nase gesetzt. Indem der einzelne sich mit einem auf Lösung wartenden Problem mit Besonnenheit auseinandersetzt, dessen mögliche Ursachen ergründet und sich ihm tatsächlich stellen kann, ist er schon einen großen Schritt gegangen. Zur Lösung braucht es jedoch noch vieler weiterer Betrachtung, Beobachtung und Reflexion, wobei die benannten „still-lebendigen Knospen“ebenfalls ins Spiel kommen. Heißt: nicht nur die negativen, herabziehenden Umstände zu erkennen und sich mit ihnen konfrontieren, sondern auch die meist etwas versteckten, auf ihre Entdeckung wartenden, mit „Respekt“ im Auge zu behalten. Sind diese einmal gut gegenwärtig, ergibt sich wie von selbst, diese gedanklich in einen guten Aufbau zu bringen, zu fördern und auszugestalten. Jede noch so kleine Idee oder Anregung, sei dies bei anderen Menschen entdeckt oder aus dem eigenen Innern in einem glücklichen Moment entsprungen, kann durch zielstrebigen Aufbau weiter entwickelt werden und zur Lösung des ursprünglichen Problems fruchtbar werden.